Legasthenie Symptome und Anzeichen

Legasthenie Symptome Anzeichen – besser erkennen lernen

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Artikel aktualisiert am 26.01.2023
  • Gibt es bei Legasthenie Symptome und Anzeichen, die typisch sind?
  • Primärlegasthenie / Sekundärlegasthenie
  • Gibt es bestimmte Fehlerstrukturen?
  • Wie kann eine Schreibprobe analysiert werden?
  • Wie kann man Legasthenie erkennen?
  • Anzeichen Legasthenie bereits im Kleinkindalter?
  • Symptome Legasthenie explizit bei Erwachsenen
  • Wie äußert sich eine Legasthenie im Verhalten?

Diesen und weiteren Fragen gehen wir in dem folgenden Beitrag nach und schaffen klare Sicht.

Wie kann man eine Legasthenie erkennen?

Wenig zielführend ist es, eine Legasthenie ausschließlich an den Auffälligkeiten im Symptombereich fest machen zu wollen, ohne sich intensiv auf die Suche nach den neurologischen Ursachen zu machen.

Betrachtet man lediglich die Fehlerzahl, Fehlerarten und andere Symptome im Lese-, Rechtschreibprozess so könnte es sich durchaus auch um eine erworbene LRS handeln.

Unerlässlich ist es deshalb, eine Legasthenie explizit von einer möglicherweise erworbenen LRS abzugrenzen.

Es ist wichtig zu beachten, dass bei einer Legasthenie Symptome und Anzeichen im Unterschied zu einer erworbenen LRS aus differenzierten Wahrnehmungen im Bereich der Akustik, Optik und Raumlage mit den entsprechenden Unterkategorien resultieren.

Es gilt also, für das Erkennen einer LRS oder Legasthenie Ursachen und Auffälligkeiten genauestens abzugleichen.

Die Diagnose Legasthenie kann somit erst nach einer fundierten Diagnostik gestellt werden.

Wie sieht die Diagnostik aus?
Bestenfalls erfolgt diese auf

  • psychologischer Ebene
  • auf medizinischer Ebene
  • auf pädagogischer Ebene.

Auf pädagogischer Ebene liefert der AFS Legasthenie-Test des EÖDL detaillierte Ergebnisse zu den Bereichen Aufmerksamkeit, Teilleistungen und Symptomen.

Zur weiteren Einordnung der Fehlersymptomaik bieten sich Lese-, Rechtschreibtests an.
Nach der pädagogischen Definition ist die Primärlegasthenie von einer Sekundärlegasthenie zu trennen.

Die Primärlegasthenie ist genbedingt und tritt mit oder ohne sekundäre Leistungsstörung auf.

Grundsätzlich ist eine Legasthenie vererbbar.

Die Sekundärlegasthenie hingegen entwickelt sich mit ihren Begleitsymptomen prozessartig nach Schulbeginn.

Tipp: Der Beitrag Definition Legasthenie gibt genauen Aufschluss über die Begriffsbestimmungen, deren Entwicklungen und Einordnungen von Legasthenie und LRS. Vergleiche auch das Schaubild Unterschied Legasthenie / LRS .

Gibt es für eine Legasthenie Anzeichen beim Lesen und Schreiben?

Aufmerksam sollte man werden, wenn sich das Kind im Lese-, Schreibprozess auffällig zeigt.

Allerdings sollten mehrere Besonderheiten vorliegen.

Anzeichen Legasthenie
Anzeichen Legasthenie im Lese-,Schreibprozess

Defizite in den Wahrnehmungsbereichen

Folgendes Schaubild zeigt die Teilleistungen und deren Funktionen im Prozess des Lesen und Schreibens.

Teilleistungen
Teilleistungen

1. Auditive Wahrnehmung

Grundsätzlich werden Buchstaben erschwert erlernt.

Akustisches Gedächtnis:

  • Den Betroffenen fällt es schwer, sich Gehörtes zu merken.
  • Häufiges Nachfragen
  • Die Wiedergabe von Erzählungen ist erschwert.
  • Der Wortschatz ist wenig abwechslungsreich.
  • Mündlich gestellte Aufgaben sind schwer zu bewältigen.
  • Schwierigkeiten in der Wortdurchgliederung

Akustische Differenzierung:

  • Schwierigkeit, ähnlich klingende Laute voneinander zu unterschieden – b/p; g/k; d/t; m/n
  • Unterscheidung von Diphthongen ist erschwert, z.B. ei/eu; eu/au; eu/ö
  • Unterscheidung von Dehnung und Schärfung ist erschwert
  • Wiederholung ähnlich klingender Wörter ist problematisch
  • Laute werden vewechselt, z.B. m/n (Dativ- Akkusativ)
  • Gehörtes voneinander zu unterscheiden

Akustische Serilität:

  • Gehörtes kann sinnhaft schwer eingeordnet werden
  • Fehlerhafte Phonem/Graphem Korrespondenz
  • Bestimmung der Anfangs-, Mittel-, und Endlaute erschwert

2. Visuelle Wahrnehmung

Grundsätzlich zeigt sich ein uneinheitliches und schlecht lesbares Schriftbild. Die Augen – Hand – Koordination ist erschwert.

Das Arbeitsverhalten ist gekennzeichnet durch fehlende Strukturen, Ungenauigkeit und Unsauberkeit.

Optisches Gedächtnis:

  • Optische Informationen werden ohne verbale Unterstützung erschwert abgespeichert.
  • Beim Abschreiben häufiger Blick zur Tafel oder Vorlage
  • Wort wird unterschiedlich verschriftlicht
  • Erfassen von Wörtern in einer Einheit erschwert
  • Zeichnen von Mustern aus dem Gedächtnis erschwert
  • Beim Lesen Zeilensprünge
  • Textstellen beim Lesen nur schwer auffindbar

Optische Differenzierung:

  • Auslassungen von Satzzeichen
  • Auslassungen von Umlaut- Zeichen
  • Mitlesen im Schreibprozess
  • Verwechslung ähnlich aussehender Buchstaben

Optische Serilität:

  • Verwechslung von Buchstaben unterschiedllicher Lage, wie u/n; e/a; d/b
  • Abzeichnen von Mustern erschwert
  • Farb- und Formunterscheidungen erschwert

3. Raumlage

Raumorientierung:

  • Uhrzeit ablesen ist erschwert
  • langsames Lesetempo
  • Störungen in der Handlungsplanung
  • Raumorientierung erschwert
  • ungleiche Zeilenabstände beim Schreiben
  • Sing- und Bewegungsspiele erschwert
  • Konstruktionsspiele erschwert

Körperschema:

  • Rechts- links Problematik
  • Positionen können erschwert bestimmt werden

Tastsinn:

Eine Problematik, die für sich allein eher selten auftritt, jedoch bei der Intermodalität eine Rolle spielen kann.

  • Zuordnung einer Form in der visuellen Wahrnehmung zu der taktilen Erfahrung

4. Verknüpfungen von Teilleistungen

Zuordnungen und Verknüpfungen von Teilleistungen fallen Legastheniker:innen im Lese- Rechtschreibprozess schwer.

Serialität:

Visuelle und auditive Einzelwahrnehmungen sind zeitlich und räumlich zuzuordnen.

Legastheniker:innen gelingt es oft nur schwerlich:

  • Handlungsstukturen aufbauen und einhalten
  • Reihenfolgen erkennen und einhalten
  • Abstände einhalten
  • Lernplanung
  • Ordnung – auch gedanklich

Intermodalität:

Verschiedene Sinneskanäle und Sinneswahrnehmungen sind miteinander zu kombinieren.

Legastheniker:innen haben oftmals Schwierigkeiten:

  • Beim Schreiben und Lesen: Phonem – Graphem – Korrespondenz
  • Beim Abschreiben: Visuell und taktile Kombination
  • Beim Diktat: Verbinden von auditiven Inhalten in visuell / taktile Inhalte
  • Koordination von Bewegung und Sprache
  • Koordination von Bewegung und Bild

Auffälligkeiten bei Kleinkindern und Vorschulkindern

Bereits vor Schulbeginn können folgende Auffälligkeiten eine Legasthenie möglich erscheinen lassen. Möglich wäre eine Beeinträchtigung der Basissinne.

Wichtig: Erst im Schulalter kann eine Legasthenie mit relativer Sicherheit festgestellt werden. Insofern sind die folgenden Besonderheiten als mögliche Anzeichen zu werten.

  1. Deutliche Aussprache verzögert erlernt
  2. Phrasen werden verwechselt
  3. Verwechseln der Richtungsweisenden Wörter, wie „rechts“, „links“, „oben“, „unten“
  4. sehr häufiges Hinfallen, Anstoßen
  5. spätes oder gar kein Krabbeln
  6. Aneinanderreihen von Gegenständen erschwert, wie Perlen aufziehen
  7. Schwierigkeiten mit dem Reimen
  8. kein Interesse an Buchstaben und Wörtern

Legasthenie Symptome

Was sind typische Fehler bei Legasthenie?

Hat sich nach einer fundierten Anamnese und Diagnostik eine Legasthenie bestätigt, kann in der anschließenden Förderung gezielt und mit speziellem Lernmaterial im Symptombereich auf folgende Fehlertypen eingegangen werden.

Es handelt sich dabei um Wahrnehmungsfehler – mehr dazu im Legasthenie LRS Training

  • Wortdurchgliederung – Auslassungen, Hinzufügen von Buchstaben
  • akustische fehlerhafte Diskrimination (Vertauschen von Lauten)
  • optische fehlerhafte Diskrimination (Vertauschen von Buchstaben)
  • Dehnungsfehler
  • Schärfungsfehler
  • Speicherfehler geläufiger Wörter, gleiche Wörter werden gern unterschiedlich verschriftlicht
  • Kombinationen der Fehlertypen

Analyse einer Schreibprobe

schreibprobe
Schreibprobe
mieineWortdurchgliederung – Hinzufügen von Buchstaben (Graphemen)
WononkDehnung nicht erkannt, Vokaldifferenzierung – falsche Zuordnung ähnlich klingender Laute <o/u> und Endlaut <g/k>
Bildafalsche akustische Zuordnung der Endlaute a/er, Speicherfehler
hengenSpeicherfehler; Ableitungsfehler
wantGroßschreibung; / d/t / Diskrimierung
SeselSchärfungsfehler; Doppelkonsonanz fehlt
schtehtSpeicherfehler
an denVerwechslung von <m/n>; Grammatikfehler
TepiegDehnungsfehler, Verwechslung <e/i>;
lightWortdurchgliederung: Hinzufügen von <h>; Speicherfehler <ie>
auf denm/n Diskriminierung; Dativ
bodnGroßschreibung; Wortdurchgliederung: Auslassung
berinktWortdurchgliederung: Hinzufügen von <e>; Verwechslung akustisch ähnlicher Laute <g/k>
mierSpeicherfehler
TehSpeicherfehler
schtukSpeicherfehler, Auslassen von Umlautzeichen; Dehnungsfehler
toteGroßschreibung, Wortdurchgliederung: Auslassung
furAuslassen von Umlautzeichen, Speicherfehler
Schreibprobe Legasthenie

Welche Symptome zeigen Erwachsene mit Legasthenie?

Eine angeborene Lese-, Rechtschreibschwäche ist nicht heilbar. Auch Erwachsene zeigen im Prozess des Lesens und Schreibens eine hohe Anstrengung und Konzentration aufgrund differenter Sinneswahrnehmungen.

Die Fehlerarten korrespondieren mit den Fehlern im Schulalter.

Erwachsene haben die Unaufmerksamkeit beim Lesen und Schreiben im Laufe der Zeit verinnerlicht und erkennen für sich keine Problematik darin. Diesen Zusammenhang gilt es jedoch klar heraus zu stellen.

Insbesondere an den Symptomen einer Sekundärlegasthenie als Folge der unerkannten Legasthenie kann auch im Erwachsenenalter durch Bewusstmachen der Gegenheiten gut gearbeitet werden.

Wie zeigt sich eine Legasthenie im Verhalten?

Das im Lese-, Schreibprozess gezeigte spezifische Verhalten ist Ausdruck einer inneren Spannung und Unaufmerksamkeit der Betroffenen. Es macht sich bei einer Primärlegasthenie ohne sekundäre Leistungsstörung bemerkbar.

  • Das Lesen und Schreiben fällt sichtlich schwer.
  • Texte oder Sätze werden nur sehr langsam erlesen oder aufgeschrieben.
  • Beim Abschreiben schauen die Betroffenen sehr häufig auf die Vorlage und korrigieren ihre Resultate oft.
  • Es fällt ihnen schwer, sich an die Seitenbegrenzungen zu halten oder gerade auf der Linie zu schreiben.
  • Der Lesefluss ist langsam und sehr stockend. Häufig wird an die Anfangszeile zurückgesprungen. Allerdings fällt es schwer, die richtige Zeile oder ein bestimmtes Wort im Text wieder zu finden.
  • Im Lese-, Schreibprozess fällt auf, dass die Konzentration auf die Aktion an sich übermäßig stark ist.

Erfahren legasthene Schüler:innen mit den entsprechendenTeilleistungsstörungen keine adäquate Beschulung, entwickeln sie ein Lerndefizit und zur Kompensation von Frust und Stress Verhaltensauffälligkeiten.

Folgende Auffälligkeiten deuten auf eine sekundäre Leistungsstörung hin:

  • Hypomotorik
  • Hypermotorik
  • Störungen des Unterrichts
  • Clownerie
  • Schulangst
  • Agressivität
  • Vermeidungsverhalten

Fazit:

Eine Primärlegasthenie weist Symptomatiken in verschiedenen Bereichen auf, die sich im Lese-, Schreibprozess offenbaren.

Betroffen sind dabei in unterschiedlicher Ausprägung die Eingangs- und Verarbeitungskanäle der Wahrnehmung.

Aufgrund dieser differenten Wahrnehmungen machen legasthene Menschen Fehler, die als Wahrnehmungsfehler bezeichnet werden.

Beim Lesen und Schreiben offenbart sich die Problematik, fokussiert auf die Handlung zu bleiben.

Jedes Symptom allein für sich genommen stellt keinen Beleg für eine Legasthenie dar.

Es ist eine differenzierte Diagnostik notwendig, um das Vorhandensein einer Legasthenie zu erkennen.

Bereits im Vorschulalter können bei genauer Beobachtung des Kindes eventuelle Problematiken im Wahrnehmungsbereich erkannt und gezielt gefördert werden.

Auch Erwachsene machen noch entsprechende Wahrnehmungsfehler. Eine Therapie im Wahrnehmungsbereich ist jedoch wenig zielführend.

Es ist jedoch wichtig, Erwachsene auf ihre Unaufmerksamkeit beim Lesen und Schreiben hinzuweisen.

Da es sich bei einer Legasthenie ursächlich um Auswirkungen unscharfer Sinneswahrnehmungen im Schriftsprachprozess handelt, sollte die Förderung diese Problematik primär im Blick halten.

In der Umsetzung stellt die AFS-Methode, die sich grundlegend an den Ergebnissen des AFS-Tests orientiert, eine schlüssige Herangehensweise dar.